Es ist der alte Kampf der Später-Lesen-Dienste. Und es ist verdammt schwer, mich für einen der beiden zu entscheiden, weil sie sich sehr, wirklich sehr, ähnlich sind. Ich habe es trotzdem versucht.

In grauer Vorzeit – etwa seit 2008, den Anfangstagen solcher Dienste – hatte ich Instapaper für mich entdeckt, um Artikel zum späteren Lesen zu sichern. Als dann knapp zwei Jahre später Readability in den Ring stieg, bin ich gewechselt, und zwar eigentlich in erster Linie wegen des Designs, auch des Anwendungsdesigns, das mir besser gefiel.

(Den Dritten im Bunde, Pocket, lasse ich hier außen vor, weil die beiden obigen Kandidaten meinen Wünschen hinsichtlich Bedienung, Aussehen und Einfachheit mehr entgegen kommen. Auch die immer außer Konkurrenz mitlaufende Leseliste-Funktion von Safari lasse ich weg, denn so praktisch Safaris eingebaute Leseliste auch für sporadische Nutzer ist – hinsichtlich Leistungsfähigkeit kann sie mit keinem der drei eben genannten mithalten.)

Konzentrieren wir uns also auf meine beiden Lieblinge:

Readability vs Instapaper

„Highlighting“ als Highlight

Instapaper hat soeben ein Update spendiert bekommen. Und was für eines: Absolutes Highlight der neuen Version ist die neue „Highlighting“-Funktion. Endlich geht ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung und ich kann Textpassagen in Artikeln markieren. Das ist absolut genial! Sogar eine eigene Rubrik „Highlights“ steht nun für diese markierten Texte zur Verfügung, so dass man sie mit nur einem Klick jederzeit wiederfinden kann:

Instapaper Highlights

Noch genialer wird es, wenn man die Sharing-Optionen von Instapaper (mehr dazu unten) im Zusammenspiel mit Highlighting sieht: Markierte Passagen – oder wahlweise auch das gesamte Dokument, in dem eine Passage markiert ist – können auf verschiedene Art und Weise weitergeleitet werden. Sogar automatisch, wenn man die Dienste verbunden und die entsprechenden Haken in den Einstellung gesetzt hat! Grandios!

Instapaper & Evernote

Allein schon durch die Kombination von Highlighing und (Auto-) Sharing ist Instapaper dem Mitbewerber Readability derzeit weit überlegen. Derzeit ist das ein Alleinstellungsmerkmal. Und zwar ein starkes!

Der Punkt – eigentlich sogar ein „Doppelpunkt“ – geht ganz klar an Instapaper. Um es also kurz zu machen – und die unerträgliche Spannung hier mal rauszunehmen: Allein diese Funktionalität ist für mich Grund genug, Instapaper auf meinen Geräten zu reaktivieren.

Allerdings muss man dazu sagen, dass die unbegrenzte Highlighting-Funktionalität nur gegen Bezahlung zur Verfügung steht: Instapaper nimmt dafür als In-App-Kauf 2,69 Euro pro Vierteljahr. Mir ist es das wert.

Wie dem auch sei, hier noch ein paar weitere Gedanken zu den beiden Kontrahenten:

 

Posting und Sharing  („Ausgangskorb“)

Aus beiden Anwendungen heraus kann man direkt mit verschiedensten externen Services in Verbindung treten. Hier gehe ich von einem „work in progress“ aus, die Möglichkeiten werden sich bei beiden weiterentwickeln.

Aktuell bietet Instapaper direkte ausgehende Verbindung an zu Facebook, Twitter, Tumblr, Pinboard, Evernote und App.net. Mailen kann man Artikel natürlich ebenfalls. Und wer zudem die geniale Aufgaben-App Things auf seinem iDevice installiert hat, kann sogar direkt aus Instapaper eine neue Aufgabe im Eingangsordner anlegen! Ich werd’ verrückt …

Readability ist hier derzeit deutlich „schlanker“ aufgestellt und spricht nur mit Facebook, Twitter und Mail.

Der Punkt für Sharing geht an Instapaper.

 

Befüllen  („Eingangskorb“)

Auf der anderen Seite steht die Frage, von welchen externen Apps aus die beiden Dienste direkt beliefert werden können. Auch das ist ein „work in progress“; der aktuelle Stand sieht so aus:

Beide Parteien stellen APIs zur Verfügung, so dass sie in andere Programme und Dienste integriert werden können. Dazu fehlt mir jetzt grad ein fundierter Vergleich, aber mein wichtigstes digitales Magazin, Flipboard, kann jedenfalls beide direkt beschicken. Desweiteren gibt es für beide Browser-Plugins für die gängigsten Browser, um Artikel mit dem Klick eines Buttons dorthin zu speichern. Beide bieten auch sogenannte „Bookmarklets“, so dass man Artikel sogar von den Browsern mobiler Geräte problemlos senden kann. Und schließlich können beide immer noch mittels einer spezifischen Mailadresse beschickt werden.

Also Gleichstand.

 

Ordnung und Suche

Beide Kandidaten bieten integrierte Ordnungskonzepte. Instapaper setzt dabei auf Ordner, Readability auf Schlagwörter, neudeutsch „Tags“. Ordner haben den Nachteil dass ein Artikel nur in einem Ordner liegen kann, dagegen kann man einem Objekt mehrere Schlagwörter zuordnen. Lassen wir mal das Statement Real Men Don’t Use Tags des Apple-Evangelisten Guy Kawasaki beiseite, und einigen wir uns darauf, dass Schlagwörter bei einem solchen Dienst die flexiblere Lösung darstellen.

Aber dann kommt die Suchfunktion ins Spiel! Der zweite Teil des Satzes von Tech Guru Kawasaki lautet nämlich sinngemäß: „Real Men Use Search!“ Und eine leistungsfähige Suchfunktion haben beide eingebaut.

Insofern würde ich einen leichten Vorteil beim Ordnungskonzept von Readability per Tagging sehen, der aber in der Praxis durch die Suchfunktion nicht mehr so relevant ist.  Unter’m Strich geht hier trotzdem ein kleiner Punkt an Readability.

 

Design und Usability

Instapaper war mir anfangs besonders sympathisch, auch wegen des engagierten Einzelkämpfers und „Erfinder“ des Genres der „Jetzt-speichern-und-später-lesen“ Apps, Marco Amend. Mittlerweile wurde Instapaper aber verkauft und dieser „Sympathievorteil“ fällt damit weg. Muss freilich kein Nachteil sein. Readability dagegen punktet bei mir seit jeher mit der Gestaltung. Lesen und Bedienen der App sind (für mich jedenfalls) attraktiver, intuitiver und angenehmer. Das App-Erlebnis ist irgendwie „runder“. Readability hat aus meiner Sicht in dem Bereich die Nase vorn, und deshalb habe ich wie gesagt in den letzten zwei Jahren auch auf Readability gesetzt.

Alle wichtigen Funktionen – Rubriken, Archiv, Gelinde, und die Suchfunktion – sind bei beiden direkt zu finden und leicht zugänglich, im Browser ebenso wie in den Apps in der Regel direkt auf der Seite, die man als erstes sieht.

Bei den Apps gibt es aber – „endlich mal“, hätte ich beinahe gesagt – einen spürbaren Unterschied, und zwar bei den Ordnungsfunktionen: Instapaper zeigt mir angelegte Ordner an; bei der Readability App dagegen vermisse ich (jedenfalls derzeit noch) schmerzlich die Schlagworte!

Die Suche gleicht dieses Manko allerdings aus, denn wir wissen ja: „Real Men Don’t Use Tags!“ ;)

Trotzdem: Der Design und Usability-Punkt geht an Readability.

 

Plattformen

Beide sind auf allen wichtigen Plattformen zugänglich: am Mac und unter Windows im Web-Browser, auf iPhone, iPad, Android und Kindle. Hier keine nennenswerten Unterschiede. Unentschieden.

 

Mein Fazit

Highlighting ist für mich ein starker Punkt. Ganz besonders in Verbindung mit dem Sharing zu Evernote! Für mich Grund genug, Instapaper eine neue Chance zu geben. Falls Readability aber demnächst Highlighting nachliefert – und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das nicht tun werden – kehre ich wohl dorthin zurück, weil mir die Oberfläche besser gefällt – eine reine Geschmacksfrage. Eine Importfunktion ist bei beiden vorhanden und funktioniert schnell und reibungslos. Insofern kann man auch mal verlustfrei und ohne großen Aufwand das Pferd mitten im Rennen wechseln. Doch halt: Ordner bzw. Tags gehen dabei wahrscheinlich verloren. Aber egal, denn „Real Men …“, na ihr wisst schon. ;) [Update] Stimmt nicht: Readability bietet derzeit keine Importfunktion, Instapaper dagegen schon.

Zusammenfassend würde ich sagen: Instapaper ist nach wie vor der Platzhirsch hinsichtlich Funktionalitäts-Umfang und Konnektivität. Readability punktet dagegen im Bereich Design und Usability. Die Entscheidung zwischen den beiden ist nach wie vor wohl Geschmackssache.

And the winner is ... ? Beide!

Die Apps im iTunes Store:

 

[NACHTRAG] Instapaper bietet auch eine Editierfunktion. Es kommt ja doch regelmässig vor, dass die gespeicherten Überschriften oder Kurzinfos nicht wirklich aussagekräftig oder schlicht irrelevant sind. Bei Instapaper kann man Titel und Zusammenfassung, ja sogar den Link, nach Belieben editieren. Bei Readability ist das meines Wissens bisher nicht möglich.